Morgens um 5 Uhr gehts los. Am Vortrag beginnen die Vorbereitungen. Alles Material parat? Alle Gerätschaften picobello sauber und trocken? Passt das Wetter? Dann steht der Ernte nichts mehr im Wege.
26./27. Juli 2024. Nachdem ich am Donnerstagabend aus dem Urlaub gekommen bin, habe ich Freitag schon um 8 Uhr bei den Bienen gestanden, um die "Bienenfluchten" einzusetzen. Das ist ein Zwischenboden zwischen Brutraum und Honigraum, der dafür sorgt, dass die Bienen zwar von oben nach unten (von Honigraum zu Brutraum) können, aber nicht andersrum. Quasi eine Einbahnstraße. Diese Bienenfluchten lässt man dann einen Tag drin und am nächsten Morgen sind dann fast alle Bienen unten. So kann die Imkerin die Honigräume abnehmen und hat nicht ganz so viel Bienengewusel.
Am Erntetag danach war es noch früher, bereits um 6 Uhr habe ich in Großbliersbach angefangen, die Honigräume abzunehmen, bzw. die zu schleudernden Rähmchen zu entnehmen. Dieser "Sommer" hat nämlich hier in Rhein-Berg das Problem, dass es entweder 100% nass von oben ist, oder wenn es trocken und heiß ist, dann ist es auch direkt sehr schwül. Die Bienen bekommen den Honig nicht trocken. Einige Vereinskollegen von mir konnten gar nicht ernten, oder nur ein paar Kilo.... So habe ich am Freitag mit dem Refraktometer den Wassergehalt der Rähmchen gemessen und diejenigen gekennzeichnet, die unter 20% Wasser lagen. Alles andere ist drin geblieben und gehört den Bienen, es ist rund die Hälfte des Honigs. Das dürfen die nun als Winterfutter behalten.
Rundreise durch Rösrath
Geerntet habe ich an allen vier Bienenständen. Selbst das Kamikaze-Volk in Stöcken hat noch eine kleine Mini-Ernte möglich gemacht. Geschmacklich lässt sich zwischen Stümpen (am Wald) und Großbliersbach (mitten in der Landwirtschaft) durchaus ein Unterschied feststellen.
Die Ernte ist klein ausgefallen. Sehr klein. Dennoch werde ich meinen Honig mit großer Sorgfalt für euch rühren und abfüllen und ein bißchen stolz bin ich natürlich auch. Obwohl natürlich meine kleinen Damen die Arbeit gemacht haben.
Honig wird nach der Ernte "gepflegt". Er wird nicht verarbeitet, nicht erhitzt oder gefiltert. Aber zunächst steht er für zwei Tage, damit die Luftblasen sich an der Oberfläche sammeln können. Diese werden dann abgeschäumt. Möchte man keinen flüssigen, sondern cremigen Honig, muss man ihn rühren. Mehrmals täglich über eine Zeit von Tagen oder sogar Wochen. Irgendwann beginnt er dann, eine Art Perlmutt-Schleier zu bekommen und dann geht es ganz schnell: man muss den richtigen Zeitpunkt abpassen, damit er noch fließen kann und über einen Eimer mit Abfüllstutzen in die Gläser fließen kann.
Ich werde einen größeren Teil cremig rühren weil ich letztes Jahr von meinen Kunden gehört habe, dass die meisten Leute ihn lieber cremig haben. Aber für die anderen (zu denen auch ich gehöre), wird es auch flüssigen Honig geben. 😉
Flüssig oder Fest: Ein Qualitätsmerkmal?
Honig kristallisiert früher oder später. Das liegt in der Natur der Sache - der Biologe und Bienenkundler Dr. Werner von der Ohe erklärt das so:
"Die Kristallbildung im Honig ist abhängig von Zuckerspektrum, Konzentration der einzelnen Zucker, Gehalt an Kristallisationskeimen, Wassergehalt und Temperatur. Die Kristallisation setzt ein, wenn für einen Zucker die Sättigungskonzentration überschritten wird. Der Zucker fällt aus der Lösung aus und bildet Kristalle, insbesondere wenn Kristallisationskeime (Pollen, Luftblasen, Primärzuckerkristalle) vorhanden sind.
Die Hauptzucker im Honig sind Fructose und Glucose. Fructose kristallisiert im Honig nicht aus, sondern bleibt immer flüssig. Die Sättigungskonzentration für Fructose in Honig liegt bei 79%. Glucose kristallisiert bei einer Konzentration von 32 g/100 g Honig (Sättigungspunkt) aus. Dieser Wert wird bei sehr vielen Blütenhonigen deutlich überschritten, so dass diese Honige (z.B. Raps-, Löwenzahn-, Sonnenblumen-, Obsthonig) auskristallisieren. Wie zügig die Kristallisation einsetzt ist abhängig vom Glucose- und Wassergehalt. Honige mit niedrigen Glucosegehalten (z.B. Edelkastanien-, Robinien-, Tannenhonig) weisen eine flüssige Konsistenz auf. Daneben gibt es viele weitere Zucker in Honig wie Turanose, Maltose, Isomaltose, Trehalose, Erlose, Saccharose etc., die nur in relativ geringen Mengen vorhanden sind und daher nicht auskristallisieren.
Cremig rühren: Honige, die aufgrund der Zuckerzusammensetzung schnell auskristallisieren, können durch Rühren gezielt zur Kristallisation gebracht werden. Dadurch entstehen sehr feine, nicht spürbare Kristalle, die auch gleichmäßig in der Honigmasse verteilt sind und sich nicht vernetzen. Die nicht auskristallisierten Komponenten des Honigs, insbesondere Fructose und Wasser, bilden um die Kristalle einen Sirupfilm. Das Ergebnis ist ein feinkristalliner, sehr streichfähiger Honig."
Kurz gesagt: Der Sommerhonig bleibt meist locker ein halbes Jahr flüssig. Ist er bis dahin nicht gegessen, fängt er an, sich im Glas "grisselig" abzusetzen. Dann hat man grobe Zuckerkristalle unten drin, die sich im Wasserbad mit etwas Rühren wieder auftauen lassen. Bitte nicht über 38 Grad erhitzen, dann zerstörst du wichtige Bestandteile des Honigs.
Da wir nicht wissen, welche Blüten unsere Damen angeflogen haben, wissen wir auch nie, wie schnell der Honig kristallisieren wird. Vorsichtshalber rühren daher die meisten Imker*innen ihren Honig cremig, denn dann behält er seine Konsistenz in der Regel über viele Monate oder sogar Jahre.
Mein flüssiger Honig aus dem Supermarkt bleibt aber immer flüssig!
Ja, weil es kein echter Honig mehr ist. Er wurde entsprechend filtriert und erhitzt, damit die flüssige Konsistenz erhalten bleibt. Darüber hinaus hat die EU-Untersuchung "From the hives" ja auch gezeigt, dass der "Nicht-EU-Honig" zu über 90% gefälscht ist, und Sirup von Reis, Rüben oder Weizen enthält.
Viele Leute denken, kristallisierter Honig wäre schlecht oder hätte eine minderwertige Qualität. Dabei ist das Kristallisieren ein ganz natürliche Vorgang. Honig, der immer flüssig bleibt und nicht kristallisiert, ist oft ein minderwertiger Honig, der durch Überhitzung und Überfiltration verarbeitet wurde, um seine natürlichen Bestandteile zu entfernen. Ein solcher Honig hat wenig bis keine Pollen, Propolis oder Enzyme, die sonst in natürlichem Honig zu finden sind. Es gibt einen weit verbreiteten Irrglauben, dass flüssiger Honig, der nicht kristallisiert, von besserer Qualität ist als Honig, der kristallisiert. Tatsächlich ist das genaue Gegenteil der Fall!
Übrigens: Auf dem Bild unten sieht man deutlich auch dickere, hellere Bröckchen - das ist das Entdeckelungswachs, welches beim Schleudern nach dem Aufkratzen der Zellen in der Schleuder umherfliegt und dann auch im Honig landet. Spuren von Wachs, Pollen und Propolis sind es, die den Honig gesund machen und ihm auch Aroma verleihen. Dicke Wachsbröckchen möchte aber kaum jemand in seinem Honig haben, daher wird der Honig gesiebt - aber nicht ultrafein gesiebt.
Und das Entdeckelungswachs ist das sauberste und beste Bienenwachs, was man bekommen kann. Es kann für Kosmetikherstellung genutzt werden oder man macht einen Bärenfang daraus. Ich habe mich für letztes entschieden. Bis Weihnachten hat der noch reichlich Zeit, sein Aroma abzugeben. 🎄
Jetzt seid ihr wieder ein bißchen schlauer. Ob der Honig hell oder dunkel, sehr süß oder aromatisch herb sein sollte... das liegt im Auge des Betrachters oder besser gesagt: Auf der Zunge des Genießers. 😋
Infos dazu, wann und wo ihr den Honig bekommen könnt, folgen.
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